Das älteste Bauernhaus Brandenburgs steht im Landkreis Teltow-Fläming! Ein unscheinbares Fachwerkgebäude in der Ortschaft Groß Ziescht, das in Teilen aus der Zeit von vor dem Dreißigjährigen Krieg stammt … Damit handelt es sich nach derzeitigem Wissensstand um den ältesten ländlichen Profanbau in ganz Brandenburg – eine kleine Sensation, die der Öffentlichkeit im Rahmen eines Pressetermins am 25. Oktober 2023 präsentiert wurde.
Bei dieser Gelegenheit stellte Dr. Marcus Cante vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege klar, dass die Denkmalforschung seit rund hundert Jahren auf eine solche Entdeckung gewartet habe. In Brandenburg gebe es kein annähernd so altes erhaltenes Gebäude wie dieses. Bekannt waren als „älteste“ Bauernhäuser bisher Fachwerkbauten in Manker im Landkreis Ostprignitz-Ruppin und in Altranft im Oderbruch – beide aus der Zeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts.
Das Bauernhaus in Groß Ziescht, Bestandteil eines Vierseithofs, wurde erst vor wenigen Jahren in die Denkmalliste aufgenommen. Bei der Begutachtung 2019 hat man sein Baujahr aufgrund einiger Details zunächst in das späte 18. Jahrhundert datiert. Dabei blieb es vorerst. Als das Gebäude 2022 maßgeblich verändert werden sollte, beauftragte die Untere Denkmalschutzbehörde Teltow-Fläming im Zuge des Antragsverfahrens den Bauforscher Thomas Langer aus Bad Belzig mit der genauen Bestandserfassung. Die Fachleute hatten es für möglich gehalten, dass sich hinter den Mauern dieses Hauses mehr verbirgt als bisher bekannt war.
Dietlind Biesterfeld, Beigeordnete und zuständige Dezernentin: „Eine unserer Mitarbeiterinnen, Hiltrud Preuß, hatte hier ein wirklich gutes Gespür und den Verdacht, dass es sich um ein Denkmal bisher ungeahnten Alters handeln könnte. Nun hat sich herausgestellt, dass unsere Kollegin den richtigen ‚Riecher‘ hatte: Die Bauforschung hat ergeben, dass das Haus etwa von 1618 stammt. Wir sind natürlich alle mächtig stolz, dass sich gerade in unserem Landkreis, in einem unserer idyllischen Dörfer, so eine Sensation gefunden hat“, freut sie sich.
Besonders stolz ist Dietlind Biesterfeld darauf, dass das finanzielle Engagement des Landkreises Teltow-Fläming zur Hebung des Schatzes beigetragen hat: „Es ist schön, dass das in einem Landkreis passiert, der durch seine Denkmalförderung und die regelmäßige Verleihung eines Denkmalpflegepreises zeigt, dass er den Erhalt historischer Zeitzeugen und deren Pflege besonders wertschätzt.“ Und sie ergänzt: „So eine Bauforschung ist eine besondere finanzielle Belastung, die direkt aus der Denkmaleigenschaft herrührt. Deshalb hat der Landkreis die Kosten für das Gutachten übernommen.“
Das Büro für Dokumentation und Denkmalpflege aus Bad Belzig stellte beim Vor-Ort-Termin in Groß Ziescht die Ergebnisse der bauforscherischen Untersuchungen zuerst digital vor. Dazu hatten die Eigentümer des Gehöfts in dessen Torhaus eine Präsentationsecke aufgebaut. Dort wurde erläutert, wie das Gebäude mit einem hochsensiblen Scanverfahren zunächst komplett erfasst wurde. Die so gewonnenen Daten ergaben eine sehr genaue Kartierung der jeweiligen Bauphasen und unterschiedlichen Altersstufen verschiedener Bauteile.
Ergänzt wurden diese Erkenntnisse durch mehr als 23 dendrochronologische Proben. Die mit dieser Methode zur Bestimmung des Holzalters ermittelten Fälldaten einzelner Hölzer ergaben eine Bauzeit um 1618. Die enge Stielstellung und die sehr großzügigen Durchmesser der Hölzer weisen, so Bauforscher Thomas Langer, auf ein repräsentatives Gebäude hin. Errichtet wurde es auf einem heute noch vorhandenen Erdkeller aus der Zeit des Mittelalters, der von einem Vorgängerbau stammt. Spätere Erweiterungen des Hauses kamen im 19. Jahrhundert dazu.
Die Forschungsergebnisse sind nun Grundlage für eine differenziertere Planung. Jetzt heißt es, diese wertvolle historische Substanz durch einen sensiblen Umgang mit dem Wunsch der Eigentümer, Viviane und Kai Rosenthal, auf Wohnnutzung zu verbinden. Sie kooperieren mit den Behörden mit viel Geduld und Interesse. Ihren Haus- und Hofnamen „Alt Domigk“ haben sie aus dem Kirchenbuch des Ortes übernommen. Und wie es der Zufall will, betreiben sie eine Landwirtschaft mit alten Haustierrassen.
Fährt man die waldreiche Straße von Baruth/Mark nach Dahme/Mark, so kommt man am Ortsrand von Groß Ziescht vorbei. Das durch seine Größe und die vielen liebevoll sanierten Gehöfte beeindruckende Angerdorf, ein Ortsteil der Stadt Baruth/Mark, liegt in einem waldreichen Gebiet auf den nördlichen Ausläufern des Niederen Flämings. Prägend sind eine Feldsteinkirche und der ungewöhnlich große Dorfteich. Groß Ziescht wurde 1444 erstmals urkundlich erwähnt, hier leben rund 150 Menschen. „Möglicherweise verbergen sich hier noch weitere baukulturelle Schätzchen“, gab Ortsvorsteher Dirk Wache beim Pressegespräch in die Runde.
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